Der Sommer 2009 war zwar gerade zu Ende gegangen, und nach dem Kalender hatte der Herbst schon begonnen, aber am letzten Wochenende im September zeigte sich Petrus noch einmal von seiner besten Seite. Bei herrlichem Wetter mit viel Sonnenschein und Wärme fanden sich 197 ehemalige Neustettinerinnen und Neustettiner in ihrer Patenstadt, der Rosenstadt Eutin in der Holsteinischen Schweiz, zu ihrem Heimattreffen zusammen, das traditionell alle zwei Jahre am letzten Wochenende im September stattfindet.
Bereits am Freitag waren zahlreiche Teilnehmer aus allen Teilen Deutschlands angereist. Das schön gelegene Heimatkreismuseum am Schloßplatz war ab 15 Uhr geöffnet und wurde rege besucht, Man traf sich auch in der Gaststätte der Schloßterrassen und bei einem Spaziergang auf der Promenade am Eutiner See. Die Freude des Wiedersehens war jedes Mal groß.
Am Sonnabend begann das Programm bereits um 8.30 Uhr mit der Totenehrung am Neustettiner Gedenkstein neben dem Heimatmuseum, an der etwa 25 Personen teilnahmen. Die Gedenkrede hielt Herr Martin Podewils.
Um 9 Uhr wurde der Saal der Schloßterrassen geöffnet.
Um 10 Uhr begrüßte der Vorsitzende des Heimatkreisausschusses (HKA) Neustettin, Herr Dr. Siegfried Raddatz, die Teilnehmer und erläuterte das Programm dieses Treffens.
Er gab sodann einen Rückblick auf die Arbeit der vergangenen zwei Jahre, die geprägt waren von dem Dreiklang:
Heimattreffen und Heimatreisen organisieren
Altes sammeln und aufbewahren für die Nachwelt
Kontakte in die alte Heimat pflegen
Das bedeutendste Ereignis der letzten beiden Jahre sei jedoch die Einweihung des Gedenksteins zu Ehren unserer Toten in den Anlagen am Streitzigsee am 6. September 2008 gewesen, worüber in der Pommerschen Zeitung und in unserer Heimatzeitung Mein Neustettiner Land berichtet worden sei.
Er stellte Herrn Jarosław Pietrzyk aus Szczecinek vor, der die letzten von der Denkmalbehörde in Szczecin für die Umgebung des Denkmals vorgeschriebenen Arbeiten ausführte: Anlegen eines weißen Kieswegs zum Hauptweg, Legen eines von der Denkmalbehörde vorgeschriebenen runden Mosaiks um den Gedenkstein mit gelben, weißen und dunkelgrauen Steinen und Anbringung und Anschluss zweier Strahler im Boden. Herr Pietrzyk wird auch in Zukunft unser Denkmal 'im Auge behalten.' Durch diese geforderte Verschönerung gewinnt das Denkmal sehr!
Weiter berichtete Dr. Raddatz über die Lage unseres Heimatmuseums. Es leidet unter Personalmangel und kann nur in den Sommermonaten einmal je Woche für zwei Stunden geöffnet werden. Für längere Öffnungszeiten müssten zwei Personen für die ehrenamtliche Übernahme der Aufsicht gewonnen werden. Das ist bisher nicht gelungen. Für den Besuch des Museums wird kein Eintrittsgeld erhoben; wir leben von Spenden!
Im Mai fand eine mehrtägige Busreise in die alte Heimat statt, an der aber nur 17 Personen teilgenommen haben. Weitere Reisen und Heimattreffen sind in den letzten zwei Jahren von den ehemaligen Bewohnern der folgenden Orte im Kreis Neustettin durchgeführt worden: Bärwalde, Groß und Klein Küdde, Grünewald, Lottin, Osterfelde, Pielburg und Umgebung, Ratzebuhr, Sparsee, Tempelburg und von den beiden Glienke zusammen mit Vangerow.
Das Nächste und für uns alte Neustettiner wohl letzte wichtige Großereignis wird die 700-Jahrfeier von Neustettin/Szczecinek sein. Unsere Stadt wird im nächsten Jahr 635 Jahre, die deutsche Stadt Neustettin (oder mit altem Namen für die Stadt) und 65 Jahre die polnische Stadt Szczecinek gewesen sein; darin sind wir uns mit den heutigen Bewohnern einig.
Dieses Fest soll vom 18. (Freitag) bis zum 27. (Sonntag) Juni groß gefeiert werden. Besonders der erste Freitag (18. Juni) steht für uns im Mittelpunkt. Hier wird in einer Festveranstaltung die gesamte Festwoche eröffnet, zu der wir alten Neustettiner alle herzlich eingeladen sind. Zwei Busunternehmen sind damit beauftragt, je eine Reise zu diesem Termin nach Neustettin/Szczecinek anzubieten: die uns bekannte Firma Radmer in Hohenwestedt (Tel. 04871-1733) und die Firma Ost-Reise-Dienst in Bielefeld (Tel. 0521-41733). Weitere Angaben dazu werden in der Winterausgabe von Mein Neustettiner Land und in der Pommernzeitung erscheinen.
Nach dieser Einführung hatten wir die Gelegenheit zu Gesprächen im Festsaal, im Gartenrestaurant oder bei Spaziergängen in der herrlichen Umgebung (Schloss, See, Innenstadt).
In einem Nebenraum wurden ein Video von der Einweihungsfeier am 6.9.08 gezeigt sowie Dias von Neustettiner Denkmälern und Stadtansichten aus alten Zeiten.
Nach der Mittagspause stellten die Musiker der Jugendband des TSV Fissau ihre Instrumente auf, um die weitere Veranstaltung unter der Leitung von Herrn Philipp Schmidt musikalisch zu begleiten.
Um 15 Uhr erschienen die Ehrengäste der Stadt Eutin und des Kreises Ostholstein, die von Dr. Raddatz begrüßt wurden. Danach stellte er die aktuellen Mitglieder des Heimatkreisausschusses vor: die Damen Ilse Waldow und Anna-Margarethe Herzog und die Herren Hans Rieck und Martin Podewils.
Dieses Mal sangen wir – anders als sonst – schon unser traditionelles Pommernlied am Anfang, bevor dann der Kreispräsident Joachim Wegener und der Bürgermeister Klaus-Dieter Schulz zu ihren Grußadressen ans Podium traten.
Herr Wegener überbrachte die Grüße des Kreises Ostholstein, auch im Namen des Landrats, Herrn Reinhard Sager, und stellte die anwesenden Mitglieder des Kreistages sowie die Mitarbeiter der Verwaltung vor.
Er erinnerte daran, dass die Stadt und der damalige Kreis Eutin vor 53 Jahren die Patenschaft zur Stadt und zum Kreis Neustettin übernommen haben.
Die Grenze zwischen Deutschland und Polen ist heute endgültig festgelegt, unser Hinterpommern ist jetzt polnisch. Dies ist auch heute noch für viele deutsche Pommern eine schmerzhafte Einsicht.
Viel Leid und Schmerz sei den deutschen Vertriebenen zugefügt worden, man dürfe aber auch nicht die Not der damaligen polnischen Bevölkerung außer Acht lassen. Es sei ein positives Zeichen gewesen, dass die Bundeskanzlerin Angela Merkel an der Feier zur Erinnerung an den Beginn des zweiten Weltkriegs vor 70 Jahren am 1. September 2009 in Danzig teilgenommen habe. Er, Joachim Wegener, sei optimistisch, dass es gelingen werde, auf dem Wege der Verständigung und Versöhnung voranzukommen. Es gebe dazu keine Alternative, und er bat uns alle, daran auch selbst mitzuwirken.
Herr Klaus-Dieter Schulz erinnerte an den Beginn des Krieges vor 70 Jahren, deren eine schreckliche Folge die Vertreibung der Deutschen gewesen sei.
Das vor einem Jahr eingeweihte Denkmal in Neustettin/Szczecinek enthalte Worte des Gedenkens für die deutschen Toten in beiden Sprachen.
Weiterhin könne man in diesem Jahr auf das Inkrafttreten des Grundgesetzes vor 60 Jahren sowie auf den Fall der Berliner Mauer und des Eisernen Vorhangs vor 20 Jahren zurückblicken.
Er dankte dem HKA Neustettin für seine vorbildliche Arbeit und der Familie Wölk dafür, dass sie viel Zeit und Mühe einbringt, um das Museum zu pflegen und offen zu halten.
Bürgermeister Schulz schloss seine Ausführungen mit den Worten: &dbquo;Wir freuen uns, dass Sie immer wieder Eutin zum Ort Ihres Treffens wählen!“
Dr. Raddatz dankte den beiden Herren für ihre Ausführungen sowie für die Gratulation zu seinem 70. Geburtstag; er ist am 31. August 1939 in Neustettin geboren worden, wenige Stunden vor Kriegsbeginn.
Er erinnerte daran, dass die Reden zur Einweihungsfeier unseres Denkmals in Neustettin von deutscher wie von polnischer Seite alle vom Geist der Verständigung und Versöhnung getragen waren und bat deshalb ebenfalls alle Teilnehmer, an dieser Arbeit des gegenseitigen Kennen- und Achten -Lernens mitzuwirken.
Ein weiteres Ziel sei es, in Polen Personen zu finden und zu unterstützen, die sich für die frühere deutsche Geschichte ihrer Heimat interessieren. In Neustettin gibt es dazu hoffnungsvolle Anfänge. Dr. Raddatz schlug vor, in vielen polnischen Ortschaften Informationstafeln in deutscher und in polnischer Sprache aufstellen zu lassen.
Auch sprach er das Thema Patenschaften und Partnerschaften an, woraus sich eine kurze Diskussion entwickelte. Er bat darum, an den Patenschaften festzuhalten. Sollten die Patenstädte zusätzlich Partnerschaftsverträge mit den heute polnischen Orten abgeschlossen haben, so solle das nicht auf Kosten der Patenschaften gehen; es solle vielmehr versucht werden, Patenschaft und Partnerschaft zu verbinden zum Wohle beider.
Auch Dr. Raddatz schloss mit einem Bekenntnis zu Eutin: &dbquo;Wir freuen uns immer wieder, in den Kreis Ostholstein nach Eutin zu kommen.“
Zum Schluss dieses Teils sangen alle gemeinsam das Lied &dbquo;Kein schöner Land in diese Zeit.“
Es schloss sich stimmungsvolle Musik einer Akkordeon-Gruppe der Eutiner Musikschule unter der Leitung von Frau Angelika Eger an.